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Die neue Einlagelösung für organschaftliche Mehr- und Minderabführungen nach dem KöMoG

Das Gesetz zur Modernisierung der Körperschaftsteuer (KöMoG) hat neben der viel diskutierten Einführung eines Wahlrechts für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer auch einige weitere wichtige Neuerungen zur Folge. Eine dieser Neuerungen beinhaltet eine Abkehr von der bisherigen Ausgleichspostenlösung beim Organträger im Rahmen von Organschaftsverhältnissen. Der Gesetzgeber ersetzt die bisherige Methode durch die sog. Einlagelösung. Dies wirft die Frage auf, welche konkreten Konsequenzen sich aus dem Systemübergang ergeben.

Hintergrund

Im Rahmen von ertragsteuerlichen Organschaftsfällen kommt es regelmäßig zu Abweichungen zwischen dem handelsrechtlichen Gewinn, der im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrags an den Organträger abgeführt wird, und dem steuerlichen Gewinn. Sofern der abgeführte handelsbilanzielle Gewinn das steuerlich relevante Ergebnis übersteigt, spricht man von einer Mehrabführung, umgekehrt von einer Minderabführung. Derartige Abweichungen zwischen dem handelsbilanziellen und steuerbilanziellen Ergebnis können verschiedene Ursachen haben. Denkbar sind beispielsweise 

  • Abweichungen in den handels- und steuerbilanziell jeweils zugrunde gelegten Nutzungsdauern, 
  • die Aktivierung abweichender Anschaffungs- und Herstellungskostenbestandteile oder auch 
  • die fehlende Möglichkeit, eine in der Handelsbilanz gebildete Rückstellung in gleicher Höhe in der Steuerbilanz zu berücksichtigen.

Hinweis: Die neue Einlagelösung nach dem KöMoG zielt ausschließlich auf organschaftlich begründete Mehr- und Minderabführungen ab. Auf die Behandlung vororganschaftlicher Mehr- und Minderabführungen hat die Neuregelung hingegen keine Auswirkungen.

Bisherige Regelung organschaftlicher Mehr- und Minderabführungen

Nach der bisherigen Rechtslage hat der Organträger in seiner Steuerbilanz einen aktiven steuerlichen Ausgleichsposten bei Vorliegen organschaftlicher Minderabführungen und einen passiven steuerlichen Ausgleichsposten im Falle organschaftlicher Mehrabführungen zu bilden. Diese Ausgleichsposten bauen sich beim Organträger im Zeitablauf – und entsprechend dem Bilanzausweis bei der Organgesellschaft – auf und wieder ab. Auf Ebene der Organgesellschaft führen organschaftliche Mehr- bzw. Minderabführungen zu einem Abgang bzw. Zugang zum steuerlichen Einlagekonto nach § 27 Abs. 6 KStG.

Neue Regelung nach dem KöMoG (Einlagelösung)

Für organschaftliche Mehr- und Minderabführungen, die nach dem 31.12.2021 erfolgen, gilt die sog. Einlagelösung. Diese besagt, dass organschaftliche Minderabführungen zu einer Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft und organschaftliche Mehrabführungen zu einer Einlagenrückgewähr führen. Minder- und Mehrabführungen erhöhen bzw. verringern den Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft in der Steuerbilanz des Organträgers und korrespondierend dazu das steuerliche Einlagekonto auf Ebene der Organgesellschaft.

Hinweis: Beim Organträger ist entgegen der bisherigen Behandlung die Anpassung des Beteiligungsbuchwerts in voller Höhe (also nicht entsprechend der Beteiligungsquote) vorzunehmen. Bei der Organgesellschaft erfolgt im Falle von organschaftlichen Mehrabführungen eine direkte Minderung des steuerlichen Einlagekontos, wodurch keine Beteiligungserträge entstehen. Zudem mindern organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen. 

Übergangsregeln

Für Mehr- und Minderabführungen ist in der Steuerbilanz des Organträgers ab dem 1.1.2022 kein steuerlicher Ausgleichsposten mehr zu bilden. Bestehende Ausgleichsposten sind in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen, das nach dem 31.12.2021 endet.

Ein aktiver Ausgleichsposten wird in der Steuerbilanz gegen den Beteiligungsbuchwert gewinnneutral aufgelöst (Aktivtausch). Eine sofortige Gewinnauswirkung droht hingegen grundsätzlich, sofern ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus Beteiligungsbuchwert und aktivem Ausgleichsposten übersteigt. Es greift das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG. Der Gesetzgeber räumt dem Steuerpflichtigen für den überschießenden Betrag jedoch ein Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage ein, welche im Jahr der Bildung und in den darauffolgenden neun Jahren jeweils zu einem Zehntel gewinnwirksam aufzulösen ist. Sofern die Beteiligung veräußert oder ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang eintritt (z.B. Umwandlung oder verdeckte Einlage), hat dies die vollständige gewinnwirksame Auflösung der dann noch bestehenden Rücklage zur Folge. Auch bei der Auflösung der Rücklage kommen das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG zur Anwendung.

Hinweis: Im Hinblick auf die Höhe der gebildeten Rücklage kann der Steuerpflichtige das Wahlrecht bis zur Höhe des überschießenden Betrags individuell ausüben.

Fazit und Ausblick

Der Gesetzgeber wollte das komplexe System der Ausgleichsposten, welches diverse Zweifelsfragen aufwarf, vereinfachen. Der Übergang zur Einlagelösung hat jedoch neuerliche Diskussionspunkte auf den Plan gerufen. So sehen Kritiker in der Neuregelung u.a. eine Nichtbeachtung des Gewinnrealisationsprinzips, da es bei der Auflösung von passiven Ausgleichsposten zur Gewinnrealisation kommt, obwohl keine Veräußerung bzw. kein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang vorliegt.

Zudem werden stille Reserven zwangsweise besteuert, obwohl unklar ist, ob diese zum Zeitpunkt der Besteuerung überhaupt noch bestehen. Dem Steuerpflichtigen wird hierdurch zumindest die Gestaltung des Besteuerungsaufschubs von in der Vergangenheit realisierten stillen Reserven genommen. Ebenfalls besteht noch keine Einigkeit darüber, wie mittelbare Organschaften nach den Neuregelungen des KöMoG zu behandeln sind. Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich die Frage ableiten, ob die organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen zu einer direkten Einlage bzw. Einlagenrückgewähr zwischen Organträger und Organgesellschaft oder über die gesamte Beteiligungskette hinweg führen. 

Hinweis: Insgesamt gesehen bleibt abzuwarten, wie sich diese Diskussionen entwickeln und ob bzw. welche Reaktionen vom Gesetzgeber ausgehen werden.

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