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Zulässigkeit und Grenzen politischer Betätigung von Vereinen (Attac III)

Zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) am Beispiel von Attac aus verschiedenen Blickwinkeln mit der Zulässigkeit und den Grenzen politischer Betätigung durch Vereine befasst – zuletzt mit BFH-Beschluss vom 18.8.2021 (Az.: V B 25/21). Auch in diesem Fall ist Attac gescheitert.

In den vorherigen Verfahren ging es um Äußerungen von Attac zu einer Vielzahl von allgemeinpolitischen Themen. Der BFH sah dies nicht mehr als Förderung der Volksbildung oder der politischen Bildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 7 AO) an. Innerhalb der Verfolgung einzelner gemeinnütziger Aufgaben sei eine politische Betätigung zwar zulässig und könne sogar notwendig sein. Die einseitige Einflussnahme auf die politische Willensbildung sei aber kein eigenständiger steuerbegünstigter Zweck nach § 52 Abs. 2 AO (Urteil vom 10.1.2019, Az.: V R 60/17). Sie darf gem. der Entscheidung im zweiten Verfahren (BFH-Beschluss vom 10.12.2020, Az.: V R 14/20) gegenüber der unmittelbaren Förderung des jeweiligen gemeinnützigen Zwecks nicht überwiegen. Beispielsweise kann zu den Aufgaben eines Umweltschutzvereins auch – aber eben nur auch – der Versuch gehören, die Umweltschutzpolitik zu beeinflussen. 

Im aktuellen Verfahren vom 18.8.2021 hatte Attac die Förderung des Gesundheitswesens als gemeinnützigen Zweck für sich entdeckt und sich dabei öffentlich und einseitig in allzu große Nähe zu Verschwörungs- und Geheimbundtheoretikern begeben. So hatte der Verein u.a. Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 als gesundheitsschädlich gebrandmarkt und konkludent als legitime Gegenmaßnahme einen Zusammenhang mit dem Widerstandsrecht nach Art. 20 Abs. 4 GG hergestellt. Der BFH hat richtigerweise noch einmal klargestellt, dass die Diskussion politischer Fragen innerhalb der Erfüllung eines gemeinnützigen Zwecks zwar „pointiert“ erfolgen dürfe, dies aber nur innerhalb gewisser Grenzen, die im konkreten Fall überschritten waren.

Hinweis: Als eine der Nebenfolgen der insgesamt als richtig zu wertenden Attac-Rechtsprechung kommt es derzeit immer mehr auch in anderen Bereichen zu Diskussionen mit Finanzämtern, wann die Grenzen zulässiger politischer Betätigung gemeinnütziger Einrichtungen noch eingehalten und wann sie überschritten werden. Die Ampelkoalition hat sich auf die Fahne geschrieben, für Klarstellungen zu sorgen: So soll das Gemeinnützigkeitsrecht modernisiert werden, um den Unsicherheiten aufgrund der Gemeinnützigkeitsrechtsprechung des BFH entgegenzuwirken (vgl. hierzu und zu weiteren ausgewählten Punkten des Koalitionsvertrags die Übersicht im vorherigen Beitrag). Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.

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