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Servicegesellschaften und Betriebsaufspaltung

Führt die Anwendung von § 57 Abs. 3 AO n.F. zur Aufdeckung stiller Reserven?

Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde die Möglichkeit eröffnet, bisher gewerblich tätige Servicegesellschaften innerhalb eines gemeinnützigen Unternehmensverbunds in die Gemeinnützigkeit zu überführen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Servicegesellschaft nach ihrer Satzung planmäßig i.S. des § 57 Abs. 3 AO n.F. mit anderen gemeinnützigen Körperschaften zusammenwirkt. Die Serviceleistungen werden dann insoweit nicht mehr im steuerpflichtigen Bereich, sondern in einem einheitlichen steuerbefreiten Zweckbetrieb erbracht. Fraglich ist, ob die Überführung der Servicegesellschaft in die Gemeinnützigkeit im Falle einer sog. Betriebsaufspaltung zur Aufdeckung stiller Reserven und damit zu unerwünschten ertragsteuerlichen Folgen führt.

Ausgangslage: Betriebsaufspaltung

In der Praxis gemeinnütziger Unternehmensstrukturen sind Servicegesellschaften häufig dergestalt entstanden, dass Unterstützungsprozesse – wie Rechnungswesen, Personalverwaltung, Fundraising etc. – bzw. Versorgungseinrichtungen – wie z.B. Küchen, Wäschereien, Gebäudereinigungen – auf gewerbliche Tochtergesellschaften ausgelagert worden sind. In diesem Zuge sind zumeist Grundstücke und Gebäude bzw. Inventar an die Servicegesellschaft gegen Entgelt zur Nutzung überlassen worden. Nach den Grundsätzen der sog. Betriebsaufspaltung kann somit eine sachliche Verflechtung durch Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen gegeben sein. Die gemeinnützige Muttergesellschaft ist häufig als Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafterin in der Lage, ihren Willen auf Ebene der Tochtergesellschaft durchzusetzen, so dass auch eine personelle Verflechtung vorhanden ist. Des Weiteren unterhält die Tochtergesellschaft mit ihrer Tätigkeit als Servicegesellschaft einen Gewerbebetrieb.

Im Ergebnis liegt damit zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft eine Betriebsaufspaltung vor. Dies hat zur Folge, dass die Anteile an der Tochtergesellschaft, die überlassenen Wirtschaftsgüter sowie sämtliche Einnahmen (Nutzungsentgelte, Dividenden) auf der Ebene der Muttergesellschaft dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind.

Überführung der Servicegesellschaft in die Gemeinnützigkeit

Wird nunmehr die Tochtergesellschaft mittels einer den Voraussetzungen des § 57 Abs. 3 AO entsprechenden Satzungsänderung in eine gemeinnützige Körperschaft überführt, bleibt in der vorstehend geschilderten Ausgangskonstellation die sachliche und personelle Verflechtung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft erhalten. Allerdings betreibt die Servicegesellschaft fortan keinen Gewerbebetrieb mehr, sondern erbringt ihre Serviceleistungen (ganz oder teilweise) in einem steuerbefreiten Zweckbetrieb, so dass die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung nicht mehr erfüllt sind.

Folgen des Wegfalls der Betriebsaufspaltung

Auf Ebene der Muttergesellschaft liegt durch den Wegfall der Betriebsaufspaltung grundsätzlich eine sog. Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG vor. Hieraus droht die Aufdeckung und Besteuerung der während der Laufzeit der Betriebsaufspaltung entstandenen Wertsteigerungen bei den überlassenen Wirtschaftsgütern und den Anteilen an der Tochtergesellschaft, den sog. stillen Reserven.

Die bisher als gewerbliche Gesellschaft geführte Tochtergesellschaft kann die Wirtschaftsgüter in der letzten Bilanz als gewerbliche Körperschaft mit dem Buchwert ansetzen. Bei der Tochtergesellschaft kommt es somit nicht zur Aufdeckung stiller Reserven. Grundlage hierfür ist § 13 Abs. 4 Satz 1 KStG: „Beginnt die Steuerbefreiung aufgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 9 (KStG), sind die Wirtschaftsgüter … in der Schlussbilanz mit den Buchwerten anzusetzen.“

Bei der Muttergesellschaft werden hingegen die überlassenen Wirtschaftsgüter sowie die Anteile an der Tochtergesellschaft aufgrund des Wegfalls der Betriebsaufspaltung in die gemeinnützige Sphäre überführt. An dieser Stelle sind die Folgen noch unklar.

Empfehlung: Wir empfehlen daher, vor Umstellung der Satzung der Servicegesellschaft insbesondere bei Betriebsaufspaltungen mit uns Rücksprache zu halten und ggf. eine verbindliche Auskunft zum steuerlichen Gleichklang von Mutter- und Tochtergesellschaft einzuholen.

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