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Nichtfinanzielle Berichterstattung: Bedeutungszuwachs im Zuge von Sustainable Finance

In der öffentlichen Wahrnehmung der Abschlussberichterstattung von Unternehmen gewinnt die nichtfinanzielle Berichterstattung zunehmend an Bedeutung. Durch die Coronavirus-Pandemie und den Klimawandel erweitert sich der Fokus zunehmend auch auf soziale und regulatorische Aspekte. Nicht nachhaltiges Agieren wird weniger toleriert denn je.

Nachhaltige Finanzierung 

Begriff Sustainable Finance 

Unter „Sustainable Finance“ versteht man allgemein eine „nachhaltige Finanzwirtschaft“ bzw. eine „nachhaltige Finanzierung“, die sich nicht ausschließlich an ökonomisch-quantitativen Kriterien orientiert, sondern zunehmend auch an verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten. Dazu zählen die Verringerung von Umwelt- und Klimaschäden, die Förderung von sozialer Teilhabe und die nachhaltige Unternehmensführung. Anhand dieser Aspekte ist zu erkennen, dass es sich bei der Bezeichnung Sustainable Finance um einen Meta-Begriff handelt, welcher die verwandten Bezeichnungen wie „Green Finance“, „Climate Finance“ und „Carbon Finance“ zusammenfasst.

EU-Bestrebungen

Die Fortentwicklung der Anforderungen an die Unternehmensberichterstattung greift zwar auch NGO-Aktivitäten auf, folgt aber insbesondere den aktuellen Bestrebungen der EU, umfangreiche Finanzaktiva in nachhaltige Investitionen zu lenken. Die EU versucht damit, zunehmend öffentlichkeitswirksam diskutierte Themen in ihre Vorgaben einzubinden, bei denen erkennbar ist, dass nachfolgende Generationen ihnen einen übergeordneten Stellenwert beimessen werden.

Erläuterung der ESG-Faktoren

Mit den sog. ESG-Faktoren lassen sich die nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensbereiche von Gesellschaften wie folgt differenzieren: 

  • Environmental“: Hiermit sind Faktoren gemeint, die für die Vermeidung von Umweltverschmutzung oder Umweltgefährdung ebenso stehen wie für Energieeffizienz-Ziele.
  • Social“: In diese Kategorie fallen Gebiete wie Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz, gesellschaftliches Engagement und Diversity.
  • Governance“: Unter Governance wird eine nachhaltige Unternehmensführung verstanden, die insbesondere damit zusammenhängende Einzelbereiche wie die Ermittlung von Unternehmenswerten sowie Steuerungs- und Kontrollprozesse vereint.

Einflüsse auf die Berichterstattung in Unternehmen

Die externe Berichterstattung von Unternehmen bewegt sich zunehmend weg von einer rein finanziellen Berichterstattung hin zu einer umfassenderen Berichterstattung, die auch die Beachtung der ESG-Faktoren im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung in den Vordergrund stellt. Damit wird der aktuellen Entwicklung Rechnung getragen, dass die verschiedenen Adressaten der externen Unternehmensberichterstattung (Stakeholder) ein wachsendes Interesse an transparent und nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen haben. Nachgefragt werden Informationen zu den Effekten, die in den Unternehmen unter Beachtung von ökologischen, sozialen und regulatorischen Anforderungen entstehen.

Die Berichterstattung eines Unternehmens soll also um die direkten und indirekten Auswirkungen solcher Anforderungen auf das Unternehmen und dessen Umfeld erweitert werden. Ausgangspunkte einer entsprechenden nichtfinanziellen Berichterstattung sind die im Unternehmen vorhandenen Konzepte und verankerten Prozesse sowie deren Umsetzung.

Hinweis: Im Rahmen der Berichterstattung ist von den Unternehmen vor allem auf die Reputationswirkungen zu achten. So können 

  • Geschäftsaktivitäten in bestimmten Regionen und mit bestimmten Vertragspartnern oder 
  • unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten kritische Produkte oder Dienstleistungen 

einen negativen Einfluss auf die Reputation eines Unternehmens haben.

Die in der nichtfinanziellen Berichterstattung zu ergreifenden Maßnahmen resultieren somit aus der Notwendigkeit, sich auf den Zukunftsmärkten zu positionieren – sei es direkt gegenüber umweltbewussten Kunden oder indirekt gegenüber Investoren und Shareholdern, die den Wert bzw. den Zukunftserfolg eines globalen Unternehmen zunehmend an ESG-Kriterien messen. So können 

  • eine Transparenz-Steigerung mittels Nachhaltigkeitsberichterstattung zu einer besseren Positionierung im Wettbewerb beitragen und 
  • ein Ausbau der nichtfinanziellen Berichterstattung die Attraktivität der entsprechenden Unternehmen als Arbeitgeber oder als Geschäftspartner erhöhen. 

Aus diesem Grund ist auch eine freiwillige oder eine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende nichtfinanzielle Berichterstattung in Betracht zu ziehen.

CSR-Reporting

Die EU hatte schon im Jahr 2014 auf diesen Paradigmenwechsel in der Berichterstattung reagiert und mit der CSR-Richtlinie (Corporate Social Responsibility) bestimmte Kapitalmarktorientierte Unternehmen 
sowie große Finanzdienstleister zu einer nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet. Deutschland hat die Richtlinie mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-UG) in nationales Recht umgesetzt. Dieses ist seit dem Geschäftsjahr 2017 auf Lageberichte anwendbar.

Von dem CSR-UG sind kapitalmarktorientierte Unternehmen (§ 264d HGB) und Konzerne (§ 293 HGB) mit mehr als 500 Mitarbeitern im Jahresdurchschnitt (Art. 19a und Art. 29a CSR-Richtlinie) sowie Finanzdienstleister betroffen, die nun nichtfinanzielle Themen wie Umwelt, Mitarbeiter, Soziales, Menschenrechte, Anti-Korruption/Bestechung sowie Diversität in ihrer Berichterstattung abzudecken haben.

Die Berichterstattung kann entweder im Lagebericht durch Integration an verschiedenen Stellen, in einem gesonderten Abschnitt oder durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger sowie auf der Homepage des Unternehmens in einem separaten Bericht erfolgen.

International fehlt es allerdings an einer hinreichenden Vergleichbarkeit, da es keinen abschließenden Kriterienkatalog gibt, an dem man den Inhalt und die Art der Berichterstattung ausrichten könnte. Dies wurde auch bereits von den internationalen Institutionen wie z.B. dem IIRC (International Integrated Reporting Council) erkannt, sodass davon auszugehen ist, dass es weitere Regulierungen in diesem Bereich geben wird.

Hinweis: Empirische Studien zeigen zwar, dass die nichtfinanzielle Berichterstattung zunehmend in den Fokus der Jahresabschluss-Ersteller in den Unternehmen rückt. Häufig verfehlt dieser Teil der Berichterstattung aber die Erwartungen vieler Investoren, da nur wenige Informationen beispielsweise zum CO2-Ausstoß, zum Thema Inklusion oder zur Angemessenheit von Löhnen und Gehältern enthalten sind.

Bedeutung auch für den Mittelstand 

Zwar betrifft die gesetzliche Verpflichtung zur nichtfinanziellen Berichterstattung aktuell direkt nur die o.g. (wenigen) Kapitalmarktorientierten Großunternehmen sowie Finanzdienstleister. Obwohl mittelständische Unternehmen von der CSR-Berichterstattung bislang also nicht unmittelbar betroffen sind, kann sich eine freiwillige entsprechende Berichterstattung aber positiv auf die Wahrnehmung von Investoren auswirken. 

Zudem ist zu beachten, dass bei in Konzernstrukturen eingebundenen Mittelständlern die ggf. bestehende gesetzliche Verpflichtung der Mutterunternehmen ausstrahlt, weil dann intern nichtfinanzielle Informationen angefordert werden.

Da sich aber gerade mittelständische Unternehmen sehr häufig ohnehin bereits durch eine stark nachhaltig geprägte Unternehmenskultur auszeichnen, die insbesondere im Fall von Familienunternehmen den Fortbestand und das Wachstum über Generationen hinweg sichern soll, dürften in vielen Fällen bereits die Grundlagen für einen Ausbau entsprechender Berichtsaktivitäten vorliegen.

Empfehlung: Es könnte für mittelständische Unternehmen also durchaus sinnvoll sein, von der traditionell zurückhaltenden Informationspolitik abzuweichen und sich mit der CSR-Thematik auch ohne gesetzliche Verpflichtung auseinanderzusetzen. Hinzu kommt, dass zunehmend Kapitalgeber auf entsprechende Informationen Wert legen.

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