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Neuregelung im AStG zwecks Umsetzung des DEMPE-Konzepts für immaterielle Werte bei Verrechnungspreisen

In einem vorherigen Beitrag hatten wir bereits über die Neuerungen im Bereich der Verrechnungspreise infolge der Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU (ATAD) informiert. In dieser Ausgabe lenken wir den Blick auf die Umsetzung des sog. DEMPE-Konzepts für immaterielle Werte im Rahmen der Verrechnungspreise. Mit der Einführung des § 1 Abs. 3c AStG für Zeiträume ab 2022 hat der Gesetzgeber erstmals den Begriff der immateriellen Werte sowie bei deren Übertragung bzw. Überlassung die diesbezügliche Einkunftsabgrenzung definiert.

Gesetzliche Neuregelung aufgrund EU-Vorgaben

Bislang war die grenzüberschreitende Besteuerung bei der Übertragung/Überlassung immaterieller Werte im Konzern sowie bei der Vergütung von erbrachten funktionalen Wertbeiträgen im AStG nicht unmittelbar geregelt. Jedoch war in diesem Zusammenhang das sog. DEMPE-Konzept bereits Bestandteil der OECD-Verrechnungspreisrichtlinie 2017. Deutschland war damit infolge der eingangs genannten EU-Richtlinie gefordert, dieses Konzept in nationales Recht umzusetzen. Damit sollen Konzerngewinne global dort besteuert werden, wo auch die tatsächliche Wertschöpfung durch die ausführenden Konzerngesellschaften stattfindet.

Umsetzung des DEMPE-Konzepts in § 1 Abs. 3c AStG

Übernimmt eine Konzerngesellschaft in Deutschland Funktionen in Zusammenhang mit 

  • der Entwicklung (Development),
  • der Verbesserung (Enhancement),
  • der Erhaltung (Maintenance),
  • des Schutzes (Protection) und
  • der Verwertung (Exploitation)

von immateriellen Werten oder trägt diese entsprechende Risiken, ordnet § 1 Abs. 3c AStG eine angemessene Vergütung hierfür an, die in Deutschland zu besteuern ist. Dies gilt nicht, wenn es sich lediglich um die Finanzierung solcher Funktionen handelt. In der Folge ist zwar die Finanzierung angemessen zu vergüten, jedoch nicht der Ertrag aus dem finanzierten immateriellen Wert zu besteuern. Hintergrund ist, dass sich das DEMPE-Konzept der OECD-Verrechnungspreisrichtlinie auf die wertschöpfenden Funktionen der Entwicklung, der Verbesserung, der Erhaltung, des Schutzes und der Verwertung von immateriellen Werten stützt. Kumulativ definiert der nationale Gesetzgeber dabei erstmals immaterielle Werte als Vermögenswerte,

  • die weder materielle Wirtschaftsgüter oder Beteiligungen noch Finanzanlagen sind,
  • die Gegenstand eines Geschäftsvorfalls sein können, ohne einzeln übertragbar sein zu müssen, und
  • die einer Person eine tatsächliche oder rechtliche Position über diesen Vermögenswert vermitteln können.

Hinweis: Dies können z.B. Patente, Know-how und Handelsgeheimnisse, Warenzeichen, Handelsnamen und Marken, vertragliche Rechte und staatliche Lizenzen etc. sein.

Bestimmung des Besteuerungsrechts

Um am Ende feststellen zu können, welcher Konzerngesellschaft der Ertrag aus der Verwertung dieses immateriellen Werts zusteht, ist am Anfang zunächst die Bestimmung des Eigentümers/Inhabers erforderlich. Um Hinzuschätzungen bzw. Einkünftekorrekturen sodann zu vermeiden, muss sich aus der erforderlichen Funktions- und Risikoanalyse für Zwecke der Verrechnungspreisdokumentation ergeben, 

  • welche DEMPE-Funktionen durch den Eigentümer/Inhaber oder andere Konzerngesellschaften ausgeübt wurden,
  • welche Vermögenswerte hierfür eingesetzt und
  • durch wen welche Risiken übernommen wurden.

Auch wenn die Eigentümerstellung der Ausgangspunkt für die Bestimmung des Besteuerungsrechts ist, kann es sein, dass dort kein Ertrag für eine Besteuerung verbleibt. Denn die Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Werten erfolgt künftig ausschließlich aus dem DEMPE-Konzept. Folglich kommt es zu einer grenzüberschreitenden Aufteilung und Besteuerung der Erträge nach den o.g. übernommenen Funktionen und Risiken sowie eingesetzten Vermögenswerten i.S. einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. 

Allerdings ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht, nach welcher Verrechnungspreismethode die funktionalen Wertbeiträge der einzelnen Konzerngesellschaften zu vergüten sind. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist stets die am besten geeignete Verrechnungspreismethode zugrunde zu legen. Für deren Auswahl bedarf es zunächst einer detaillierten Funktions- und Risikoanalyse, um die funktionale Charakterisierung von Konzerngesellschaften bei der Überlassung von immateriellen Werten zu bestimmen.

Empfehlung: Bei der Übertragung von immateriellen Werten wird es häufig in Ermangelung von Fremdvergleichswerten zur Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs kommen. In Abgrenzung zu einer Funktionsverlagerung ist dabei die Preisanpassungsklausel innerhalb der nachfolgenden sieben Jahre zu beachten. Dies kann umgangen werden, wenn eine solche Klausel vertraglich vereinbart ist.

Auswirkungen auf die Praxis

Bestehende Verrechnungspreisdokumentationen sind hinsichtlich ausgeübter DEMPE-Funktionen und -Risiken sowie eingesetzter Vermögenswerte je beteiligter Konzerngesellschaft in Bezug auf immaterielle Werte detailliert zu überprüfen: Im Wege einer Sachverhaltsanalyse sind zunächst alle Geschäftsvorfälle von Konzerngesellschaften zu identifizieren, die Bezug zur Übertragung/Überlassung immaterieller Werte aufweisen. Damit einher geht auch die Analyse hinsichtlich übernommener Risiken bei der Ausübung der DEMPE-Funktionen. Im Anschluss sind das rechtliche Eigentum sowie die übernommenen Rechte und Pflichten sowie Risiken aufgrund bestehender Verträge zwischen den Konzerngesellschaften zu identifizieren. Danach müssen die Konzerngesellschaften identifiziert werden, die DEMPE-Funktionen ausüben, Vermögenswerte nutzen sowie Risiken übernehmen oder kontrollieren. Ist die vorherige Sachverhaltsanalyse abgeschlossen, sind die gewonnenen Erkenntnisse mit den tatsächlichen Gegebenheiten im Konzern sowie der vorhandenen Verrechnungspreisdokumentation abzugleichen. 

Am Ende steht die Bestimmung der zutreffenden Verrechnungsmethode für die Ermittlung des fremdüblichen Preises je analysiertem Geschäftsvorfall entsprechend der Beiträge der Konzerngesellschaften zu Funktionen, Vermögenswerten und den übernommenen Risiken bezogen auf den einzelnen immateriellen Wert.

Fazit: Mit Einführung des DEMPE-Konzepts in nationales Recht hat der Gesetzgeber erstmals die gesetzliche Legitimation für die Bestimmung von Verrechnungspreisen bei immateriellen Werten geschaffen. Aufgrund bislang fehlender genauerer gesetzlicher oder verwaltungsrechtlicher Vorgaben bestehen bei der Umsetzung sowohl ein Handlungsspielraum wie auch Konfliktpotential für die betroffenen Konzerngesellschaften. Dies birgt bei unterschiedlicher Auslegung durch die betroffenen Staaten die Gefahr einer 
Doppelbesteuerung, was in ein Verständigungsverfahren münden kann. Beratung und Dokumentation im Vorfeld sind daher angezeigt.

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