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Neues Optionsmodell für Personengesellschaften – Teil IV: Die Option nach § 1a KöMoG im Lichte des internationalen Steuerrechts

In den vorangegangenen Beiträgen aus unserer Serie mit detaillierten Erläuterungen zum Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts haben wir Sie über die Grundlagen zur Optionsausübung, grunderwerbsteuerliche Aspekte sowie über die Besonderheiten der Behandlung von Sonderbetriebsvermögen informiert. Im vorliegenden Teil IV werden ausgewählte internationale Aspekte der Option zur Körperschaftbesteuerung dargestellt. Dabei wird auch das kürzlich veröffentlichte BMF-Schreiben vom 10.11.2021 zur Ausübung der Option berücksichtigt.

Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen

Personengesellschaften sind regelmäßig aufgrund ihrer steuerlichen Transparenz keine „Gesellschaften“ im Sinne von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Für die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen ist in diesem Fall auf die Ansässigkeit der unmittelbaren oder ggf. mittelbaren Gesellschafter abzustellen, soweit es sich bei diesen um „Personen“ handelt (d.h. natürliche Personen, Gesellschaften oder Personenvereinigungen).

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist eine optierende Gesellschaft für Zwecke der Anwendung von DBA ein Rechtsträger, der für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt wird (vgl. BMF-Schreiben vom 10.11.2021, Rn. 54). Folglich ist sie als „Gesellschaft“ im Sinne von DBA anzusehen. Sofern sich der Ort der Geschäftsleitung der Gesellschaft im Inland befindet, ist sie nach dem jeweiligen DBA auch in Deutschland ansässig. 

Diese aus deutscher Sicht konsequente Sichtweise wird möglicherweise nicht von allen Staaten geteilt, mit denen Deutschland ein DBA abgeschlossen hat. Dies kann für einzelne Einkünfte zu Qualifikationskonflikten führen. Zur Vermeidung einer daraus entstehenden Nichtbesteuerung von Einkünften ist im Zuge der Einführung der Option ein neuer § 50d Abs. 14 EStG geschaffen worden, der eine Besteuerung von Dividenden und Veräußerungsgewinnen im Inland im Wege eines „Treaty Override“ sicherstellen soll. Dies bedeutet, dass Deutschland eine Besteuerung durchführt, wenn der andere Staat eine vom deutschen Recht abweichende Beurteilung vornimmt und deswegen auf eine Besteuerung verzichtet.

Kapitalertragsteuerentlastung für ausländische Gesellschafter

Nach § 1a Abs. 3 Satz 5 KStG gelten Gewinnanteile einer optierenden Gesellschaft erst dann als ausgeschüttet, wenn eine Auszahlung erfolgt oder verlangt werden kann. Die optierende Gesellschaft hat die im Ausschüttungszeitpunkt entstandene Kapitalertragsteuer beim zuständigen Finanzamt anzumelden und abzuführen. 

Anders als bei einer Beteiligung von mindestens 10% an einer „normalen“ unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft ist es in Bezug auf optierende Gesellschaften gesetzlich nicht vorgesehen, dass der Gesellschafter eine Freistellungsbescheinigung beantragen kann. Es fällt also zunächst einmal Kapitalertragsteuer in gesetzlicher Höhe an. Eine etwaige Reduzierung der Kapitalertragsteuer muss dann in einem nächsten Schritt erfolgen. 

Hierbei ist hervorzuheben, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung eine optierende Gesellschaft nicht die Voraussetzungen erfüllt, um als „Tochtergesellschaft“ im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie (Richtlinie 2011/96/EU) behandelt zu werden (BMF-Schreiben vom 10.11.2021, Rn. 52). Somit ist eine Reduzierung der Kapitalertragsteuer auf 0% nicht möglich. 

Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob diese Sichtweise von der Rechtsprechung des EuGH bestätigt werden wird, falls entsprechende Verfahren geführt werden. 

Somit verbleibt im Wesentlichen die Möglichkeit, eine Erstattung der Kapitalertragsteuer unter Berufung auf den Dividendenartikel des entsprechenden DBA zu beantragen. Allerdings setzt dies voraus, dass der andere Staat die optierende Gesellschaft als Körperschaftsteuersubjekt ansieht und dementsprechend die Ausschüttung besteuert. Sofern der andere Staat in der Annahme, dass es sich weiterhin um eine transparente Personengesellschaft handelt, auf eine Besteuerung verzichtet, greift § 50d Abs. 14 Satz  1 EStG ein (siehe Abschn. 1). Damit sichert sich Deutschland zumindest die Quellenbesteuerung auf die Ausschüttung in unverminderter Höhe.

Fragen der steuerlichen Entstrickung

Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG)

Ziel der Option ist es allgemein, dass die optierende Gesellschaft ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt wird. Zudem „gilt die Beteiligung an einer optierenden Gesellschaft für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen als Beteiligung eines nicht persönlich haftenden Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft“ (§ 1a Abs. 3 Satz 1 KStG). 

Daraus folgert die Finanzverwaltung, dass grundsätzlich alle Regelungen der einschlägigen Gesetze (z.B. KStG, EStG, GewStG, UmwStG, AStG) anwendbar sind, soweit sie für alle Kapitalgesellschaften unabhängig von ihrer spezifischen Rechtsform gelten (BMF, Rn. 50). Das soll ausdrücklich auch für die in § 6 AStG geregelte Wegzugsbesteuerung gelten (BMF, Rn. 62).

Empfehlung: Halten demnach unbeschränkt Steuerpflichtige wesentliche Anteile i.S. von § 17 EStG an der optierenden Gesellschaft, sind eventuelle Wohnsitzwechsel ins Ausland auch unter dem Aspekt des § 6 AStG sorgfältig zu würdigen.

Behaltefristen des § 22 UmwStG

Der Übergang zur Körperschaftbesteuerung gilt nach gesetzlicher Anordnung in § 1a KStG als Formwechsel i.S. des UmwStG. Das hat zur Folge, dass sämtliche einschlägige Vorschriften des UmwStG anzuwenden sind. Dazu gehören neben den Anforderungen an die Anteilseigner und die umzuwandelnden Rechtsträger in § 1 UmwStG auch die Regelungen in §§ 20 ff. UmwStG, insbesondere hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechts zur Buchwertfortführung und der dadurch ausgelösten Behaltefristen.

Sofern im Rahmen einer Option keine vollständige Aufdeckung der stillen Reserven im Betriebsvermögen der Gesellschaft erfolgt, wird eine siebenjährige Behaltefrist nach § 22 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UmwStG in Gang gesetzt, innerhalb derer eine Veräußerung der Anteile an der Gesellschaft (bzw. die Verwirklichung bestimmter Ersatzrealisationstatbestände) eine nachträgliche Versteuerung der stillen Reserven auslöst. Der sog. „Einbringungsgewinn“ im Zeitpunkt der Option wird dabei für jedes vollendete Jahr um 1/7 abgeschmolzen.

Gesellschafter im Ausland

Eine Fortführung der Buchwerte im Rahmen der Option ist auch dann möglich, wenn einzelne oder alle Gesellschafter im Zeitpunkt der Option im Ausland ansässig sind. Allerdings müssen hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, und zwar entweder auf Gesellschafterebene oder im Hinblick auf das Besteuerungsrecht der Anteile an der optierenden Gesellschaft:

(a) Gesellschafterebene

  • Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in EU oder EWR (natürliche Personen) bzw.
  • Gründung nach dem Recht eines EU-/EWR-Staats sowie Sitz und Geschäftsleitung in einem EU-/EWR-Staat (Gesellschaft)

(b) alternativ: kein Ausschluss oder Beschränkung des Besteuerungsrechts von Deutschland an einem Veräußerungsgewinn der Anteile.

Somit würde einerseits die Erfüllung der entsprechenden EU-/EWR-Bezüge durch die Gesellschafter ausreichen, um eine steuerneutrale Option zu ermöglichen. Andererseits wäre auch eine Ansässigkeit von Gesellschaftern in Drittländern unschädlich, sofern das deutsche Besteuerungsrecht an einem Veräußerungsgewinn der Anteile gewahrt bleibt.

Hinweis: Das bedeutet aber auch, dass beispielsweise ein Wegzug eines Gesellschafters einer optierenden Gesellschaft von Deutschland in einen EU-/EWR-Staat grundsätzlich keine Verletzung der Behaltefrist darstellen würde – jedoch möglicherweise die Rechtsfolgen des § 6 AStG auslöst.

Zusammenspiel von § 22 UmwStG mit § 6 AStG

Wie vorstehend angedeutet, sind unterschiedliche Entstrickungsnormen u.U. parallel anwendbar. Abschließend soll beispielhaft verdeutlicht werden, wie diese Vorschriften zusammenspielen können.

Beispiel: Der Steuerpflichtige S zieht knapp 3 Jahre nach der Option von Deutschland nach Großbritannien.

Lösungsskizze:

  • Zunächst wird eine Nachversteuerung i.H. von 5/7 der stillen Reserven ausgelöst (§ 22 UmwStG; Abschmelzung um 2 volle Zeitjahre = 2/7).
  • Der versteuerte Betrag gilt als nachträgliche Anschaffungskosten der Anteile.
  • Anschließend ist die Anwendung von § 6 AStG zu prüfen.
  • Sollte § 6 AStG anzuwenden sein, wären bei der Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns i.S. von § 17 EStG die nachträglichen Anschaffungskosten aus der Nachversteuerung der stillen Reserven einzubeziehen, d.h. eine mehrfache Besteuerung dieser stillen Reserven würde insoweit vermieden. 
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