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Insolvenzeröffnungsgründe – Neuerungen bei der Beurteilung gem. IDW ES 11

Mit dem am 8.1.2021 veröffentlichten Entwurf einer Neufassung des IDW S 11 wurden Änderungen der Insolvenzordnung (InsO) in der Stellungnahme verarbeitet. Die Neuerungen im ES 11 beziehen sich insbesondere auf Konkretisierungen des Prognosezeitraums sowie die striktere Abgrenzung der drei Insolvenzeröffnungsgründe.

Insolvenzeröffnungsgründe

Aufgrund der durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten besonderen wirtschaftlichen Lage sah der Gesetzgeber sich veranlasst, die Insolvenzantragspflicht in den vergangenen Monaten mehrmals auszusetzen und neu einzuordnen. Hierbei sollte Unternehmen der Zugang zu Restrukturierungshilfen erleichtert werden. Grundsätzlich unterscheidet die InsO in drei Gründe, eine Insolvenz zu beantragen:

  • drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO),
  • Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und
  • Überschuldung (§ 19 InsO).

Drohende Zahlungsunfähigkeit

Im Unterschied zu den anderen beiden Insolvenzeröffnungsgründen stellt die drohende Zahlungsunfähigkeit lediglich ein Recht und keine Pflicht auf Stellung eines Insolvenzantrags dar. Durch dieses Recht wird Unternehmen in der Krise, die noch nicht überschuldet sind, der Zugang zu Restrukturierungsmaßnahmen (wie z. B. den mit Wirkung ab 2021 neu geschaffenen Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen, mehr dazu in den nächsten PKF Nachrichten) erleichtert.

Zahlungsunfähigkeit

Sobald ein Unternehmen in einer stichtagsbezogenen Vermögensübersicht feststellt, dass sämtliche fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht durch die vorhandene Liquidität erfüllt werden können, ist ein Finanzplan aufzustellen. Wenn sich aus diesem Finanzplan ergibt, dass mindestens 90% der fälligen Verbindlichkeiten innerhalb von drei Wochen beglichen werden können, spricht man lediglich von einer Zahlungsstockung und nicht von einer Zahlungsunfähigkeit. Wird eine Zahlungsstockung identifiziert, ist weiter eine Liquiditätsplanung zu erstellen. Sofern hierbei nicht dargelegt werden kann, wie die Liquiditätslücke binnen spätestens drei Monaten geschlossen wird, ist wiederum eine Zahlungsunfähigkeit zu unterstellen. Dies führt zu einer zwingenden Insolvenzantragspflicht.

Hinweis: Zur Vermeidung einer Insolvenzverschleppung ist der Insolvenzantrag bei dem Insolvenzeröffnungsgrund Zahlungsunfähigkeit nach der zum 31.5.2021 erfolgten  Beendigung der Aussetzungsbestimmungen weiterhin innerhalb von drei Wochen zu stellen.

Überschuldung

Sofern das Vermögen des Unternehmens die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, spricht § 19 Abs. 2 InsO von Überschuldung. Die Grundlage für die Feststellung einer Überschuldung ist die zweistufige Überschuldungsprüfung.

Im ersten Schritt wird eine Fortbestehensprognose erstellt, in der die Lebensfähigkeit des Unternehmens für die nächsten 12 Monate (bisher: für das aktuelle und kommende Geschäftsjahr) abgeleitet wird. Für die Prognose wird ausgehend von der Liquidität zum Stichtag der Vermögensaufstellung auf der Grundlage eines Unternehmenskonzepts und der daraus abgeleiteten integrierten Planung ein Finanzplan erstellt. Ist diese erste Fortbestehensprognose positiv, besteht keine insolvenzrechtliche Überschuldung.

Sofern die Fortbestehensprognose für den 12-Monatszeitraum negativ ist, besteht die Pflicht zur Aufstellung eines Überschuldungsstatus. Hierbei wird geprüft, ob das zu Liquidationswerten bewertete Reinvermögen negativ ist, was wiederum eine Überschuldung begründet und zu einer Insolvenzantragspflicht führt. Der Insolvenzantrag ist binnen sechs Wochen einzureichen.

Ist das zu Liquidationswerten bewertete Reinvermögen positiv oder liegt eine negative Fortbestehensprognose für den Zeitraum vom 13. bis 24. Monat vor, besteht aufgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit ein Recht auf Insolvenzantrag. Somit gilt für die drohende Zahlungsunfähigkeit ein verlängerter Prognosezeitraum von 24 Monaten.

Fazit: Mit dem Entwurf der Stellungnahme des IDW wird konkretisiert, dass bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Prognosezeitraum i.d.R. 24 Monate und bei der Überschuldung i.d.R. 12 Monate beträgt. Weiter werden die Insolvenzeröffnungsgründe Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit stärker voneinander abgegrenzt. Aufgrund dessen, dass die Änderungen an der InsO bereits mit dem 1.1.2021 in Kraft getreten sind, wird trotz des gegenwärtigen Entwurfsstatus seitens des IDW eine vorzeitige Anwendung des neugefassten IDW S 11 empfohlen.

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