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Auswirkungen der Hochinflation auf die Rechnungslegung nach HGB und IFRS

Im Jahr 2022 hat sich die Entwicklung der Inflation weltweit deutlich dynamisiert. Infolge der Vielzahl signifikanter Konsequenzen für Unternehmen und Verbraucher sind auch mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung von Unternehmen zu diskutieren. Insbesondere im Rahmen der Erstellung und Prüfung von Konzernabschlüssen nach dem deutschen Handelsrecht (HGB) und nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) kann die Berücksichtigung hoher Inflationsraten herausfordernd sein.

Spezifische Rechnungslegungsstandards für die Berücksichtigung der Hochinflation

In Hochinflationsländern kann der Kaufkraftverlust so stark sein, dass der Zeitvergleich von Beträgen in nominaler Landeswährung erschwert oder wenig aussagekräftig ist. Die Zielsetzung der Standardsetter besteht darin, für Unternehmen, die in der Währung eines Hochinflationslands berichten, spezifische Vorgaben festzulegen, um sicherzustellen, dass deren Finanzinformationen eine hinreichende Aussagekraft haben bzw. behalten: 

  • In der Rechnungslegung nach IFRS hat das IASB den Umgang mit einer überdurchschnittlich hohen Inflation in IAS 29 geregelt. 
  • Im deutschen Handelsrecht hat das DRSC den Umgang mit Hochinflation im DRS 25 konkretisiert. 

Diese Vorgaben sind jeweils anzuwenden, wenn Tochterunternehmen aus Hochinflationsländern in einen Konzernabschluss einzubeziehen sind. 

Begriffliche Abgrenzung der Hochinflation

Der IASB und auch das DRSC legen keine absolute Inflationsrate fest, ab welcher Hochinflation vorliegt. Vielmehr werden Ermessenspielräume eingeräumt und Indikatoren im Rahmen der wirtschaftlichen Umgebung definiert, die auf eine Hochinflation hinweisen können. Solche Indikatoren liegen u.a. darin, dass

  • Beträge in Inlandswährung unverzüglich investiert werden (Kaufkrafterhaltung),
  • Zinssätze, Löhne und Preise an einen Preisindex gebunden sind oder
  • sich die kumulative Inflationsrate innerhalb von drei Jahren dem Wert 100% nähert oder ihn überschreitet.

Zwischenergebnis: Unter Berücksichtigung der genannten Indikatoren müssen mit Stand 31.12.2022 folgende Volkswirtschaften für Zwecke der Anwendung des DRS 25 bzw. des IAS 29 als hyperinflationäre Länder in Betracht gezogen werden: Argentinien, Äthiopien, Iran, Jemen, Libanon, Simbabwe, Südsudan, Sudan, Surinam, Syrien, Türkei und Venezuela. 

Anwendung von IAS 29 im IFRS-Einzelabschluss

Ist die funktionale Währung eines Unternehmens die Währung eines Hochinflationslands, sind Unternehmen gem. IAS 29 verpflichtet, ihren Abschluss in einer einheitlich am Bilanzstichtag geltenden Maßeinheit aufzustellen. Hierfür ist u.U. eine Anpassung von Bilanz- und Ergebnisrechnungspositionen unter Zuhilfenahme eines allgemeinen Preisindexes erforderlich. Diese Anpassung ist auch für Vergleichszahlen aus Vorperioden vorzunehmen.

IAS 29 verlangt hierbei die Anpassung von nicht-monetären Vermögenswerten und Schulden, Eigenkapital sowie allen Posten der Gesamtergebnisrechnung. Monetäre Posten sind nicht anzupassen, da diese bereits in der am Bilanzstichtag geltenden Maßeinheit ausgedrückt sind bzw. sein sollten. Nicht-monetäre Posten sind auf der Basis der Änderungen des allgemeinen Preisindexes zwischen dem Zeitpunkt, an dem die Posten erworben oder übernommen wurden, und dem Bilanzstichtag anzupassen. Dies hat eine deutliche Erhöhung der Buchwerte der nicht-monetären Vermögenswerte zur Folge. Beispielhaft können genannt werden

… für monetäre Posten: Zahlungsmittel, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Ertragsteuern;
… für nicht-monetäre Posten: aktivische Abgrenzungsposten, Vorräte, Beteiligungen an assoziierten Unternehmen, Sachanlagen, immaterielle Vermögenswerte, Eigenkapital, passivische Abgrenzungsposten.

Nicht-monetäre Vermögenswerte, die gem. IAS 29 an die zum Abschlussstichtag geltende Maßeinheit angepasst wurden, sind weiterhin einem Wertminderungstest zu unterziehen. Liegt der erzielbare Betrag eines Vermögenswerts unter dem angepassten Betrag, wird der Vermögenswert abgeschrieben, selbst wenn im Abschluss auf der Basis historischer Anschaffungs- oder Herstellungskosten keine Wertminderung des Vermögenswerts erforderlich war. Ein etwaiger Wertminderungsaufwand wird aufwandswirksam erfasst. 

Hinweis: Unternehmen, die Vermögenswerte in früheren Berichtsperioden auf Wertminderung überprüft haben, müssen analysieren, ob die inflationsbedingte Anpassung der Buchwerte von Vermögenswerten das Ergebnis des Wertminderungstests beeinflusst.

Spezielle Regelungen im Konzernabschluss …

… nach IFRS 

Im Rahmen der Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses ist IAS 21.43 zu berücksichtigen, der verlangt, dass der Abschluss eines Tochterunternehmens, dessen funktionale Währung die eines Hochinflationslands ist, in Übereinstimmung mit IAS 29 anzupassen ist, bevor er in den Konzernabschluss einbezogen wird. IAS 29 wird auf alle Vermögenswerte und Schulden des Tochterunternehmens vor der Umrechnung angewandt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Fair-Value-Anpassungen sowie ein etwaiger Goodwill aus dem Erwerb des Tochterunternehmens nach IAS 29 anzupassen sind. Alle Beträge im Abschluss des Tochterunternehmens werden anschließend zu Stichtagskursen umgerechnet. Vergleichsbeträge, die zuvor in einer stabilen Währung dargestellt wurden, werden nicht angepasst. 

Weiterhin sind zusätzliche Abgabepflichten innerhalb des Konzernanhangs zu beachten. Dazu zählen z.B. 

  • Angaben zum Gewinn oder Verlust aus der Nettoposition der monetären Posten, 
  • die Art und Höhe des Preisindexes am Abschlussstichtag, 
  • Veränderungen des Indexes während der aktuellen und der vorangegangenen Periode sowie 
  • die Beschreibung der Methode der Inflationsbereinigung.

… nach HGB

Innerhalb eines HGB-Konzernabschlusses kann Hochinflation bei den betroffenen Tochterunternehmen wie nach IFRS ebenfalls durch Indexierung bereinigt werden. Alternativ kann eine Inflationsbereinigung durch die Aufstellung eines Hartwährungsabschlusses erfolgen. Die Ausführungen zu den Anhangangaben gelten analog.

Bei der Erstellung eines Hartwährungsabschlusses werden nicht-monetäre Vermögensgegenstände mit historischen Kursen umgerechnet und nach allgemeinen Grundsätzen (§ 253 Abs. 3 - 5 HGB) fortgeführt. Niedrigere beizulegende Werte (§ 253 Abs. 3 Satz 5 bzw. Abs. 4 Satz 1 HGB) und monetäre Posten sind mit dem Stichtagskurs umzurechnen. Für die Posten des Eigenkapitals erfolgt keine Umrechnung mit historischen Kursen. Stattdessen ergibt sich das Eigenkapital als Residualgröße des Hartwährungsabschlusses.

Die GuV-Posten werden – unter Ausnahme der Abschreibungen und des Materialaufwands, die mit historischen Kursen umzurechnen sind – mit Transaktionskursen umgerechnet.

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