Der entsprechend formulierten Entscheidung des BFH vom 20.9.2022 (Az.: IX R 18/21) lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem zwei zu jeweils 50% an einer GmbH beteiligte Gesellschafter ihre Anteile im Wege einer Anteilsrotation gegenseitig zu einem Kaufpreis von 12.500 € veräußerten. Die zuvor angesetzten Anschaffungskosten der GmbH-Anteile hatten 500.000 € betragen, sodass sich ein steuerlicher „Verlust“ vor Anwendung des Teileinkünfteverfahrens von 487.500 € ergab. Der gemeine Wert der GmbH belief sich entsprechend einer Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren auf ca. 1,5 Mio. €. Das Finanzamt, das FG Sachsen und dann auch der BFH sahen hierin einen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO.
Hintergrund: Entsteht ein „Verlust“ i.S. des § 17 EStG im Zuge einer Anteilsrotation aufgrund eines Kaufpreises, der den echten Wert des veräußerten GmbH-Anteils widerspiegelt, dann ist dieser Verlust auch für steuerliche Zwecke zu berücksichtigen. Grundsätzlich liegt bei einer Anteilsrotation ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO nicht vor, da es dem Gesellschafter freisteht, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Das gilt zwar auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt, nicht aber bei signifikanter Verfehlung der realen Wertverhältnisse.