Erträge aus ETFs auf Fondsebene
Dem finanzwissenschaftlichen Konsens folgend, steigt die Anzahl an privaten Investoren an, die langfristig bei maximaler Diversifikation und minimalen Kosten Vermögen durch Partizipation am globalen Aktienmarkt aufbauen. Häufig wird dabei auf sog. Exchange Traded Funds (ETFs) zurückgegriffen, die aufgrund ihrer Struktur regelmäßig kostengünstig sind und flexible Investitionsmöglichkeiten ohne Einbußen von Diversifikation ermöglichen.
Viele ETFs bilden dabei einen bestimmten Index ab, in dem die Wertpapiere, die dem Index zugrunde liegen, in ähnlicher Gewichtung gehalten werden. Dabei ist die Frage zu stellen, ob die im ETF angefallenen Netto-Erträge durch Dividenden oder Zinsen an die Anleger ausgeschüttet oder thesauriert werden.
Hinweis: Oftmals gibt es für einen ETF somit eine ausschüttende und eine thesaurierende Alternative (sog. Schwester-ETFs).
Erträge aus ETFs auf privater Ebene
Die getrennte Betrachtung der Fonds- und Anleger-Ebene wurde durch die Investmentsteuerreform 2018 möglich, mit der das Transparenz- durch das Trennungsprinzip in der Besteuerung abgelöst wurde. Danach unterliegen Investmenterträge auf der privaten Ebene gem. § 20 Abs.1 Nr. 3 EStG der Abgeltungssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag. Das InvStG differenziert hierbei gem. § 16 Abs. 1 InvStG in Ausschüttungen (Nr. 1), Veräußerungsgewinne (Nr. 3) und Vorabpauschalen (Nr. 2). Während die beiden erstgenannten Ertragsarten an einen tatsächlichen Zufluss auf Anlegerebene anknüpfen, stellt die Vorabpauschale einen unbaren Ertrag dar, der zur steuerlichen Gleichstellung von ausschüttenden und thesaurierenden Schwester-ETFs bzw. -Fonds etabliert wurde. Grundlage für diesen fiktiven Ertrag, der bei Veräußerungsvorgängen in Abzug gebracht werden kann, ist ein in § 18 Abs. 4 InvStG festgelegter und zu modifizierender Zins, der jährlich durch das BMF zu Beginn eines jeden Kalenderjahres im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird.
Ablösung der Niedrigzinsphase …
Als Ergebnis der anhaltenden Niedrigzinsphase belief sich der relevante Zins vor Modifikation in den Jahren 2018-2020 auf 0,87 %, 0,52 % bzw. 0,07 %. In den Jahren 2021 und 2022 wurde der Tiefpunkt von 0,00 % erreicht. Niedrige Zinsen auf dem Anleihemarkt sind allerdings nicht mit niedrigen Dividenden auf dem Aktienmarkt gleichzusetzen. So konnte es in den Jahren 2018-2022 dazu kommen, dass thesaurierende Fonds aufgrund geringerer bzw. gar keiner Erträge auf Anlegerebene im Vergleich zur ausschüttenden Alternative steuerlich privilegiert waren, da bei letztgenannter zumindest die Ausschüttungen bei Überschreiten des Sparerpauschbetrags Steuereffekte auslösten. Insgesamt ermöglicht eine Vorabpauschale, die geringer ausfällt als die Ausschüttung des Schwester-ETFs, die Erzielung von positiven Zinseffekten, wenn der Sparerpauschbetrag in jedem Fall konsequent abgeschöpft wird.
… durch aktuell gestiegene Zinsen
Im Jahr 2023 ist der relevante Zins vor Modifikation auf 2,55% gestiegen. Die steuerlichen Folgen wirken zwar erst am ersten Werktag des Jahres 2024. Nichtsdestotrotz gilt, dass bei steigendem Zinsniveau die steuerliche Gleichstellung von Schwester-ETFs, aber auch von Fonds im Allgemeinen, vollständig erreicht werden kann.
Aktuell ist daher regelmäßig keine Erzielung von positiven Zinseffekten durch die Wahl eines thesaurierenden ETFs mehr möglich. Es entsteht jedoch auch kein Nachteil durch Ertragsthesaurierung.
Ergebnis für Privatanleger
Während der Jahre 2018-2022 ist deutlich geworden, dass durch die Ausgestaltung der Vorabpauschale zumindest bei niedrigem Zinsniveau und moderaten bis hohen Renditen auf dem Aktienmarkt positive Zinseszinseffekte durch den Einsatz von thesaurierenden Titeln möglich sind. Das einzige, aber kalkulierbare Risiko besteht in diesem Fall darin, dass der Sparerpauschbetrag nicht in gleicher Weise wie bei Ausschüttung abgeschöpft wird. Hingegen ist bei den aktuell steigenden Zinsen kein Nachteil im Vergleich zur Ausschüttung zu erwarten, wenn die Vorabpauschale die Ausschüttungsquote erreicht bzw. übersteigt.