16.07.2023 / Artikel aus PKF Nachrichten 07-08/2023
von RA Prof. Heiko Hellwege

Am 22.3.2023 hat die EU-Kommission den Entwurf einer Richtlinie (RL) über gemeinsame Kriterien gegen Grünfärberei und irreführende Umweltaussagen vorgelegt. Sie ergänzt damit ihre Vorschläge aus dem letzten Jahr zu den Änderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Kernanliegen des RL-Entwurfs

Nach dem Kommissionsvorschlag müssen Unternehmen bei Umweltaussagen (Green Claims) über ihre Produkte oder Dienstleistungen Mindeststandards einhalten. Bevor sie eine Umweltaussage in ihre Verbraucherinformationen aufnehmen, müssen diese zukünftig anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse belegt werden. Mit Ausnahme von Kleinstunternehmen (unter 10 Mitarbeitenden und 2 Mio. € Umsatz) haben Unternehmen diese Angaben zudem von einer akkreditierten Organisation überprüfen zu lassen. 

Hinweis: Es werden keine Werbeaussagen oder Label mehr gestattet sein, bei denen die gesamten Umweltauswirkungen des Produkts pauschal bewertet werden, es sei denn, dass dies nach EU-Vorschriften explizit so vorgesehen ist. Unklar ist hierbei noch, ob dies sogar rückwirkend gelten soll, so z.B. Auszeichnungen, die in der Vergangenheit rechtmäßig verliehen wurden, sogar wieder entfernt werden müssen.

Regeln über Kennzeichnungssysteme

Der Entwurf sieht auch eine Regelung für Umweltzeichen vor. Derzeit gibt es nach Kommissionsangaben mindestens 230 verschiedene Zeichen. Künftig sollen neue öffentliche Kennzeichnungssysteme nur dann zulässig sein, wenn sie auf EU-Ebene entwickelt werden. Neue private Systeme müssen dann vorab genehmigt werden und nachweisen, dass die damit verfolgten Umweltziele ehrgeiziger sind als die von bestehenden Systemen.

Erste Einschätzung

Durch die Green-Claims-RL droht eine Überregulierung. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen werden künftig faktisch nicht mehr mit Green Claims werben können, soweit sie sich die Zertifizierung nicht leisten können. Weil bislang schon irreführende Werbung und Werbung mit Selbstverständlichkeiten verboten sind, erscheinen diese Regelungen zu weitreichend.

Ausblick: Der RL-Entwurf muss nach der Übersetzung noch von Rat und Parlament der EU gebilligt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Regelungen für mittelständische Unternehmen weiter entschärft und liberalisiert werden. Ansonsten wäre dem eigentlich doch wünschenswerten Wettbewerb um die faire und wahrheitsgetreue Darstellung von Umwelteigenschaften ein Bärendienst getan, wenn es sich nur noch „die Großen“ leisten könnten, hiermit zu werben.

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