03.11.2023 / Artikel aus PKF Nachrichten 11/2023
von Dominik Römer / Emanuel Werthmann

Hohe Inflationsraten machen der Wirtschaft insgesamt derzeit weltweit zu schaffen. In Deutschland erreichte die Inflationsrate im November 2022 mit 8,8% einen neuen historischen Spitzenwert seit der Euro-Einführung. Eine restriktivere Geldpolitik der Zentralbanken soll die Inflation eindämmen und langfristige wirtschaftliche Stabilität wiederherstellen. Durch Anhebung der Leitzinsen und Liquiditätsentzug erhofft man sich einen Trendbruch der Teuerungsraten und nimmt höhere Finanzierungskosten in Kauf. Dennoch wird das Risiko für eine länger anhaltende Rezession derzeit als hoch eingeschätzt.

Zur Bedeutung der Geldpolitik 

Ziel der Geldpolitik ist es, die Preise von Waren und Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum stabil zu halten. Stabiles Geld fördert Wirtschaftswachstum und ermöglicht Sparern einen sicheren Vermögensaufbau. Durch hohen Kaufkraftverlust sinkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Währung. 

Günstige Finanzierungsmöglichkeiten sind für die meisten Unternehmen essenziell, um das Wachstum und die Gewinne nachhaltig zu steigern. Während in Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen ein hoher Verschuldungsgrad meistens kein Hindernis ist, um eine starke Eigenkapitalrendite zu erzielen, kommt es in Zeiten hoher Kapitalmarktzinsen auf eine solide Bilanzqualität mit ausreichend Eigenkapital an. 

Branchenbezogen gibt es hierbei starke Unterschiede: Sektoren, die im historischen Vergleich eine höhere Fremdkapitalquote aufweisen, reagieren eher empfindlich auf geldpolitische Veränderungen, so aktuell die Immobilienbranche, der Technologiesektor und junge Start-Up-Unternehmen. 

Beispiel: Der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia ist hierfür ein gutes Beispiel: Der Aktienkurs der Vonovia SE erlitt im Börsenjahr 2022 erhebliche Abschläge aufgrund stark steigender Marktzinsen. Obgleich Vonovia über eine langfristig ausgewogene Finanzierungsstruktur verfügt, wurde das Geschäftsmodell vor dem Hintergrund der sich ändernden Zinslandschaft mit Blick auf Profitabilität und Verschuldungsgrad seitens der Investoren neu bewertet. Rekordmieteinnahmen und die faktische Vollvermietung des ca. 650.000 Wohnungseinheiten umfassenden Bestands spielten hierbei offenbar eine untergeordnete Rolle, denn die Aktie verlor im Geschäftsjahr 2022 ca. 53% an Börsenwert.

Maßnahmen der Zentralbanken

Der Zentralbank stehen verschiedene geldpolitische Werkzeuge zur Verfügung, die bei Bedarf auch kurzfristig angepasst werden können. 

Offenmarktgeschäfte

Durch sog. Offenmarktgeschäfte steuern die Zentralbanken die zur Verfügung stehende Liquidität am Markt. Die verfügbare Geldmenge wird durch den An- und Verkauf von Wertpapieren künstlich beeinflusst. Kauft die Zentralbank ein Wertpapier (z.B. eine Staatsanleihe), so ist eine Vergrößerung der Geldmenge in der Volkswirtschaft die Folge. Umgekehrt führt ein Verkauf eines Wertpapiers zu einer Verknappung der Geldmenge. Die Marktzinsen werden ebenfalls von den Auswirkungen der Offenmarktgeschäfte beeinflusst, da die Veränderung der Geldmenge eine indirekte Auswirkung auf die Kreditkosten hat.

Ständige Fazilitäten

Bei den ständigen Fazilitäten geht die Initiative von den Geschäftsbanken aus. Die Fazilitäten sollen sog. Übernachtliquidität bereitstellen bzw. abschöpfen. Dadurch können die Partnerbanken gezielt kurzfristige Liquiditätsüberschneidungen überbrücken. Die Einlagen und Finanzierungszinssätze der ständigen Fazilitäten sind insbesondere für die kurzfristigen Zinsen (z.B. Tagesgeld) von Bedeutung. Die langfristigen Marktzinsen orientieren sich jedoch am zukünftig erwarteten Verlauf der einzelnen geldpolitischen Beschlüsse zu den ständigen Fazilitäten. 

Hinweis: Es handelt sich hierbei um das wirkungsreichste Mittel einer Zentralbank zur Steuerung der Geldpolitik, da die Zentralbank die Zinssätze selbst anpassen kann. 

Geldpolitik der Zentralbanken und zukünftige Entwicklungsprognosen

Die zukünftige Entwicklung der geldpolitischen Beschlüsse einer Zentralbank ist nicht verlässlich vorherzusagen, da sie von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängt. Wirtschaftsindikatoren wie die Inflation, das Wirtschaftswachstum, die Arbeitslosenquote und die Stabilität der Finanzmärkte sind in ständiger Bewegung und können sich schnell ändern, was dann die tagesaktuelle Geldpolitik der Zentralbanken beeinflusst. Zentralbanken müssen flexibel sein, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können.

Hinweis: Die Einführung digitaler Zentralbankwährungen (Central Bank Digital Currencies, CBDCs) dürfte die Art und Weise, wie Zentralbanken in Zukunft Geldpolitik betreiben, grundlegend verändern. Diese neuen Instrumente könnten es Zentralbanken ermöglichen, Geld direkt an die Bürger auszugeben und mehr Kontrolle über die Geldmenge auszuüben.

zurück