Sachverhalt: Einlagenleistung ohne Zahlungsvorgang durch Umbuchung
Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die über Jahre Verluste erwirtschaftete. An dieser Personengesellschaft war B mit 40 % als Kommanditist beteiligt. Im Jahr 2006 brachte B Rechte ein, die er fremdfinanziert erworben hatte. Im Gegenzug übernahm die Personengesellschaft ein Darlehen gegenüber B zu den gleichen Konditionen, zu denen B den Erwerb der Rechte finanziert hatte. Ende 2008 wurde zwischen der Personengesellschaft und B vereinbart, dass das Darlehen i.H. von 185.000 € gekündigt wird. Weiterhin wurde zugleich vereinbart, dass B eine Einlage in sein variables Kapitalkonto II i.H. von 185.000 € leistet. Es wurde vereinbart, dass ein Zahlungsvorgang hierbei unterbleiben kann. Der Vollzug der Vereinbarung solle durch zeitnahe Umbuchung in der Finanzbuchhaltung der Gesellschaft erfolgen. In der Folge wurde der Anteil des B am laufenden Verlust der Klägerin in Höhe dieser Einlage durch Umbuchung in voller Höhe als ausgleichs- und abzugsfähig behandelt.
BFH-Entscheidung zur (un-)wirksamen Beschlussfassung
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die im Streitjahr 2008 vorgenommene Einlagenbuchung nicht gem. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen sei, ein Verlustausgleich für B nicht möglich sei und dass sich lediglich der mit künftigen Gewinnen verrechenbare Verlust erhöhe. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage beim Hessischen Finanzgericht hatte Erfolg. In der Revision gab der BFH mit Urteil vom 10.11.2022 (Az.: IV R 8/19) jedoch dem Finanzamt Recht. Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass B eine Einlage i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG i.H. von 185.000 € geleistet und diese in voller Höhe zur Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit der ihm zuzurechnenden Verluste der Klägerin geführt habe. Die Münchener BFH-Richter begründen in dem Urteil ausführlich, dass neben den Pflichteinlagen, die auf dem sog. Kapitalkonto I verbucht werden, auch weitere Einlagen (insbesondere freiwillige Einlagen auf einem variablen Kapitalkonto) für einen Verlustausgleich in Frage kommen. Voraussetzung sei, dass die Einlage werthaltig sei und eine wirtschaftliche Belastung des Kommanditisten bewirke. Darüber hinaus müsse die Leistung einer freiwilligen Einlage des Kommanditisten zulässig sein. Diese Zulässigkeit könne durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss eröffnet sein.
Im vorliegenden Fall hatte der Gesellschaftsvertrag zwar eine Regelung enthalten, dass Gesellschafter freiwillige Einlagen in das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft erbringen können, jedoch ausschließlich auf der Grundlage eines ergänzend zu fassenden wirksamen Gesellschafterbeschlusses. Eine wirksame Beschlussfassung konnte nicht nachgewiesen werden. Es habe
- weder Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Ende 2008 auf den Gesellschafterkonten abgebildete vertragliche Absprache zwischen der Gesellschaft und B als Gesellschaftsbeschluss qualifiziert sei,
- noch dass ein entsprechender Gesellschafterbeschluss ergänzend gefasst worden sei.
Im Ergebnis ist die unter Ausschluss weiterer Gesellschafter festgehaltene vertragliche Absprache Ende 2008 lediglich als schuldrechtliche Vereinbarung anzusehen, die nicht den gesellschaftsvertraglichen Regularien zur Fassung von Gesellschafterbeschlüssen genügt. Die Buchung einer freiwillig vom Kommanditisten erbrachten Einlage auf dem variablen (Eigen)Kapitalkonto II führt demgegenüber immer nur dann zu einer Einlage i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn es sich um eine gesellschaftsrechtlich, insbesondere nach dem Gesellschaftsvertrag zulässige Einlage in das Gesamthandsvermögen handelt.
Empfehlungen: Sofern ein Gesellschafter plant, Verluste der Personengesellschaft im Jahr der Verlustentstehung mit einer Einlage ausgleichsfähig zu machen, sollten die Grundsätze des o.g. BFH-Urteils (vgl. insbesondere Tz. 38 f. der Urteilsbegründung) beachtet werden. Eine hinreichende gesellschaftsrechtliche Grundlage kann
- sich aus einer ausdrücklichen Gestattung freiwilliger Einlagen des Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag ergeben oder aus den gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Kontenführung herzuleiten sein (so kann der Gesellschaftsvertrag beispielsweise vorsehen, dass freiwillige Einlagen der Kommanditisten als Teil der Kapitalanteile oder aber als Rücklage auszuweisen sind);
- im wirksamen Gesellschafterbeschluss über die Zulässigkeit einer entsprechenden Einlage liegen.